„Ärzte twittern eben nicht.“ Hörte und las ich selbst in den letzten Monaten häufiger. Und irgendwie ist da etwas dran. Organisierst du medizinisch wissenschaftliche Kongresse oder medizinische Fortbildungen, kennst du die folgenden Fragen sicherlich auch.
- Wo finde ich bloß meine Zielgruppe?
- Wie spreche ich Ärzte, Pfleger, Helfer & Co. an?
- Wirklich nur postalisch?
Ich hab mich das auch schon oft gefragt. Deshalb habe ich einmal direkt bei der Zielgruppe nachgefragt.
Denn wie heißt es doch so schön? „Sprich mit deinen Kunden – nicht über deine Kunden.“
Und hier ist das erste Interview – mit Dr. Andreas Hübner, Facharzt für Innere Medizin mit Schwerpunkt Hämatologie und Onkologie.
Ein weiteres findest du am Ende dieses Beitrags – damit auch du erfolgreich Kongresse vermarkten kannst.
Andreas, wie oft bist du ungefähr in den letzten Jahren auf medizinischen Fortbildungen wie Kongressen und Seminaren gewesen?
Schätzungsweise auf drei Veranstaltungen im Jahr.
Fanden diese meist in Deutschland oder im Ausland statt?
Die fanden meist in Deutschland, also besser gesagt in der DACH-Region statt. Es gab Zeiten, da bin ich auch öfter mal in die USA gereist. Doch der Aufwand dafür ist mir mittlerweile zu groß. Das beinhaltet die Reise selbst und das notwendige Schließen meiner Praxis für diesen Zeitraum.
Und wie hast du von den konkreten Veranstaltungen erfahren?
Anfangs hab ich von medizinischen Fortbildungen über die Pharmaindustrie erfahren. Sprich über deren Einladungen. Mittlerweile kenne ich die Namen der für mich relevanten Kongresse und Updates. Danach google ich dann.
Stimmt es, dass du heute weniger Kongresse als „früher“ besuchst? Woran liegt das?
Vieles überschneidet sich heute inhaltlich. Dazu kommt dann noch der Zeitaufwand, die direkten Kosten und die indirekten Kosten, dadurch dass ich meine Praxis schließen muss.
Darüber hinaus ist Wissen heute glücklicherweise online verfügbar. Außerdem bietet mir die Pharmaindustrie Web-Seminare an. Das wird bestimmt mehr werden. Gut finde ich daran, dass ich dort Fragen stellen kann und die eben genannten Kosten einfach wegfallen.
Außerdem stehen bei dir weniger große dafür mehr kleinere Veranstaltungen im Kalender. Warum?
Die kleineren Veranstaltungen in Deutschland, in der Schweiz oder in Österreich sind einfach effektiver. Die Wege zwischen den einzelnen Sessions sind nicht so lang wie bei großen Kongressen. Beispielsweise wie bei ASCO in den USA. Dort nehmen mehr als 30.000 Onkologen teil. Außerdem gibt es bei den großen Kongressen immer mehr „meet the Expert – sessions“. Diese sind noch mal kostenpflichtig. Darüber hinaus erfordern sie Anmeldungen lange im Voraus – was ziemlich nervt.
Unter kleineren Veranstaltungen verstehe ich übrigens die sogenannten Updates mit ca. 1.000 Teilnehmern. Auch Kongresse mit 3.000 bis 5.000 Teilnehmern find’ ich noch in Ordnung. Alles darüber ist mir zu viel. Die Referenten sind dann auf der Bühne kaum noch erkennbar. Oder nur über Leinwände sichtbar. Nur dann brauch ich auch nicht zu einer Live Veranstaltung reisen.
Wie und wo würdest du aktiv nach Veranstaltungen suchen? Was nutzt du? Google, Facebook, Twitter, XING, LinkedIn, RSS-Feed, Snapchat, Pinterest oder Instagram?
Also wie schon gesagt: Die mir bekannten Veranstaltungen suche ich bei Google. Außerdem habe ich für die Praxis einen Facebook-Account. Allerdings nutze ich Facebook nicht privat; genauso wenig wie die anderen Kanäle
Nutzt du als Inhaber einer Praxis selbst die sozialen Netzwerke für die Kommunikation mit deinen Patienten? Und wenn ja, warum?
Ich nutze die Sozialen Medien nur für die Information der Angehörigen. Mit meinen Patienten rede ich ja selbst. Da ist keine digitale Kommunikation zusätzlich notwendig. Für meinen Facebook-Kanal habe ich auch schon Werbung geschaltet – sowohl auf Facebook als auch auf Instagram. Manchmal schalte ich auch eine Stellenanzeige über Facebook und Instagram. Die (jungen) Leute lesen ja keine Zeitung mehr.
Wann würdest du meinen Kongress-Newsletter abonnieren?
Puuuh, ich kriege täglich so ca. 25 bis 30 Angebote per E-Mail. Also seriöse Anfragen, Angebote, Einladungen zu Umfragen und so weiter. Ehrlich gesagt, ist das jetzt schon sehr lästig. Wenn ich einen Newsletter abonnieren würde, müsste er sich deutlich von all diesen anderen abheben. Also optisch und inhaltlich. Maximal dürfte er einmal im Monat den Weg in mein Postfach finden.
Wie fändest du es, wenn ich dir Einladungen per WhatsApp sende?
Das fänd ich total in Ordnung. WhatsApp haben viele auf ihrem Smartphone. Also klar, warum nicht. Weniger Papier find ich gut. Zum Beispiel bin ich der Meinung, dass die Veranstalter von medizinischen Fortbildungen wie Updates mir die Unterlagen ruhig als Datei senden können. Es hat eh jeder ein Tablet oder ein Smartphone dabei. Darauf kann ich mir Notizen machen. Die Papierberge schmeiss ich meistens sofort weg. Wer soll das tragen, aufheben und ablegen? Außerdem ist’s papierlos umweltschonend.
Wer finanziert in der Regel deine Teilnahmen? Du oder ein pharmazeutisches Unternehmen?
Sowohl als auch.
Wann ist eine Veranstaltung für dich spannend?
Das Wichtigste an medizinischen Fortbildungen sind für mich der Referent und das Thema. Außerdem ist es für mich wertvoll, wenn ich neue und angewandte Informationen erhalte. Wenn es also ein neues Medikament oder eine neue Therapie gibt möchte ich gern wissen, wie andere das angewandt haben und wann es sich wie eignet. Mit anderen Worten Praxisbeispiele und Erfahrungsaustausch sind mir wichtig. Wenn es dann noch von einem didaktisch hervorragenden Referenten vorgetragen wird, bin ich begeistert. Das Rahmenprogramm interessiert mich weniger. Und die CME-Punkte? Na, die kann ich auch anders sammeln. Dafür muss ich nicht durch Deutschland reisen.
Medizinische Fortbildungen sind häufig frontale Veranstaltungen. Also einer spricht und viele im Saal hören zu. Das hat sich so etabliert. Fändest du neue, interaktive Formate spannend? Würdest du aktiv in einer Session mitmachen wollen?
Interaktion find’ ich klasse. Zum Beispiel, wenn der Referent Fälle vorstellt und mit einem Votingtool das Publikum fragt „Wie würden Sie entscheiden?“. Ansonsten finde ich interaktive Formate bei kleineren Veranstaltungen wichtig. Jedoch nicht bei einem Kongress, da fehlt es mir nicht.
Hast du einen Wunsch an die Veranstalter von Medizinkongressen?
Ja, ich wünsche mir kompaktere Veranstaltungen. Das heißt: Kürzere Tage. So ein Kongresstag beginnt um 7:30 Uhr und endet um 20 Uhr. Das ist mir einfach zu lang. Aus meiner Sicht ist das unvorteilhaft gestaltet. Natürlich weiß ich, dass die Veranstalter von medizinischen Fortbildungen auch die Industrie ins Programm einbringen wollen. Doch „früher“ waren diese Kongresse kompakter und die Tage nicht so zerrissen. Das fand ich wesentlich besser.
Und warum twitterst du nicht?
Es wird soviel Unsinn „getwittert“. Schau dir nur mal Herrn Trump an. Da muss ich nun wirklich nicht mitmachen.
Fazit
Mediziner twittern nicht. Zumindest auch dieser Arzt nicht. Allerdings würden sie durchaus Newsletter oder WhatsApp Nachrichten abonnieren. Wenn, ja wenn diese sich deutlich abheben. Optisch und inhaltlich. Außerdem dürfen auch medizinische Fortbildungen viel papierloser werden. Zum Beispiel mit einer digitalen Kongresstasche oder schlichtweg als Download vor der Veranstaltung. Interessant fand ich, dass auch bei Medizinkongressen der Referent und das Vortragsthema die TOP-Gründe für eine Teilnahme sind. Das unterstreicht noch einmal das Ergebnis der XING Events Studie von 2018 für die B2B-Veranstaltungen.
PS: Natürlich ist das nur eine einzelne Meinung, allerdings mit spannenden Erkenntnissen. Und eine umfangreiche Studie dazu kann jemand anderes anfertigen. 😉
Wenn du dich für den Pharmakodex auf diesen Veranstaltungen interessierst, lies doch einfach den Blogbeitrag über FSA bzw. Pharmakodex.
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