In vielen Bereichen sind wir schon richtig digital unterwegs. Und einige weitere sollen kommen. Denken wir nur an Schlagworte wie Künstliche Intelligenz, Machine Learning, Blockchain, Sprachassistenten und Co. Doch manchmal klaffen noch ziemlich große Lücken auf der digitalen Customer Journey. Also auf der Reise der Kunden durch Anwendungen oder Einkaufsprozesse eines Anbieters = digitale Kundenreise. Das lässt mich meist ziemlich sprachlos zurück. Vor allem, wenn ich daran denke, dass ich bereits Anfang der 2000er online Bücher oder auch einen Scanner gekauft habe. Hier 4 Beispiele, in denen die Digitalisierung nicht durchdacht ist – alle aus dem Jahre 2019.
Es gibt immer noch Hochschulen, die Papier-Bewerbungen fordern
Kaum zu fassen, aber wahr. Ich sah in den sozialen Medien eine Stellenausschreibung einer mir bekannten Hochschule. Es ging um eine Stelle im Bereich Entrepreneurship und hatte viel mit neuen Arbeitsmethoden und Social Media zu tun. Doch die Hochschule verlangte tatsächlich eine postalische Bewerbung. Unabhängig davon, dass das wirklich antiquiert ist, sagt es viel über den Widerspruch innerhalb der Hochschule. Hier geht es nicht um eine Stelle mit innovativen Arbeitsinhalten. Das wünschen sich zwar einige, aber im Kern will man nichts Neues ausprobieren. Und bloß keine Bewerbungen per E-Mail zulassen.
Wer 2019 noch postalische Bewerbungen anfordern kann, bei dem ist der Fachkräftemangel offenbar noch nicht angekommen.
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Online-Abos für den ÖPNV können nur am Schalter verlängert werden
Hast du es auf meinem Facebook-Kanal gesehen? Ich hatte ein „3-Monate-E-Abo“ für den ÖPNV online bestellt. Das Bestellformular war nicht sonderlich modern, aber es funktionierte. Und ich bekam sogar einen eigenen Login für das Portal. Doch in diesem Portal konnte ich nichts tun. Es hatte schlichtweg keine Funktionalitäten, denn „es sei noch im Aufbau“.
Und als ich nach Ablauf der 3 Monate mein Onlineticket verlängern wollte, hieß es, ich müsse zum Schalter kommen. Anders ginge es leider nicht. Zum Schalter? Ehrlich? Was ich in 5 Minuten zu jeder Tages- und Nachtzeit erledigen kann, soll ich jetzt an einem Schalter in der nächsten Großstadt (80 km weiter weg) erledigen und mich dort anstellen? Warum?
In Zeiten, in denen ich sehr mehr als 15 Jahren bei amazon oder gar bei der Deutschen Bahn online einkaufen kann, verstehe ich das nicht im Geringsten.
> Können deine Kunden ihre Anmeldungen, Stornierungen und Umbuchungen etc. digital und selbständig durchführen?
Eine Autoren-Vereinbarung muss per Post versendet werden
Mir ging es gerade so. Ich erhielt eine freundliche Anfrage einer Redakteurin, ob ich bereit wäre, einen recht langen Beitrag über „Digitales Eventmanagement“ für ihr Magazin zu schreiben. Ein Honorar dafür gäbe es nicht, allerdings könne ich es als Werbung für meinen Namen sehen. Nun gut, ich machte mich an die Arbeit und lieferte pünktlich die 12.000 Zeichen für den Artikel und die 3.000 Zeichen für die zusätzliche Checkliste. Die Autorenvereinbarung für diesen Artikel kann ich jedoch nicht per E-Mail versenden. Das sei laut Aussage des Fachverlages „nicht rechtskonform“. Ja, Verträge per E-Mail sind eben nicht rechtsgültig zugestellt. Doch darum geht es hier gar nicht.
Es geht darum, dass die Verhältnisse nicht passen. Dass es Mehraufwand bedeutet, etwas auszudrucken, Briefmarken zu kaufen und einen Briefkasten zu finden.
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Das Finanzamt kann digital gesendeten Daten nicht finden
Obwohl ich eine Antwort auf meine digital eingereichten Daten erhalten habe – und zwar in Form einer neuen Steuernummer – ist das Finanzamt im Folgejahr über meine eingereichte Steuererklärung überrascht und fragt nach den neuen Sachverhalten. Ehrlich? Obwohl ich bereits eine Antwort auf meinen Antrag erhalten habe? Und dann fordern die Mitarbeiter dort den erneuten Antrag an. Nun, dann habe ich eben eine pdf-Kopie des via Webformular gestellten Antrags geschickt. Die ist jedoch nicht gültig, weil sie nicht unterschrieben ist. Ja natürlich nicht! Wie auch? Es ist ja lediglich meine Kopie des via Elster-Formular eingereichten Antrages. Elster unterschreibt man eben nicht klassisch. Und all diese Antworten darf ich weder per E-Mail noch per Fax einreichen – darauf hat mich das Finanzamt bei seinen Schreiben gleich hingewiesen.
> Wie digital gehst du mit verlorenen Daten um?
Fazit
Prüfe kritisch die gesamte digitale Kundenreise, also die Reise deiner Kunden durch deine Angebote, Veranstaltungen und Prozesse. Gibt es dort Lücken? Teste die Abläufe aus Sicht verschiedener Teilnehmer, Aussteller, Sponsoren, Referenten etc. Prüfe die Prozesse für neue und bestehende Kunden. Und denke dabei trotzdem an diejenigen, die lieber offline buchen.