7 Learnings aus “Der Kongress tanzt”

Buch: Der Kongress tanztDas Buch Der Kongress tanzt habe ich vor ungefähr einem Jahr gelesen. Damals kannte ich die Verfechterinnen von interaktiven Eventformaten wie Doreen Biskup oder Tina Gadow noch nicht. Aber ich wusste durch meine Zeit bei der Agentur SWOP, wivde inspirierend solche Formate sein können. Beim Lesen des Buches habe mich ich so verstanden gefühlt, wie schon sehr lange nicht mehr. Viele in der MICE-Branche sprechen und schreiben von interaktiven Events. Doch ganz ehrlich, wenn ich mich so umschaue, sehe ich immer noch sehr viel frontale Beschallung. Geht es dir auch so? Würdest du gern deine Teilnehmer wirklich zum Austausch und Netzwerken bewegen? Möchtest du, dass sie traurig sind, wenn deine Veranstaltung zu Ende ist? Dann ist dieses Buch genau richtig für dich. Hier sind meine ganz persönlichen 7 Learnings aus dem Buch „Der Kongress tanzt“.

 

1. Warum wir beim Alten bleiben

Meine Lieblingserklärung liegt in der Veränderungsformel – bekannt aus dem Changemanagement. Die Autoren in diesem Buch haben eine weitere Erklärung. „Wer viel Geld einsetzt, um seine Veranstaltung bekannt zu machen, setzt bei der Organisation lieber auf Bekanntes.“ Zu groß ist die Angst vor dem Unbekannten. Wer die alten Muster anwendet, weiß wenigstens, was er erwarten kann. Und da wählen wir lieber die sichere Variante als die neue Unbekannte. Ein Grund also, warum es „so viele unambitionierte Veranstaltungen nach Schema F“ gibt.

 

2. Finde neue Alleinstellungsmerkmale

Veranstalter, Eventagenturen und PCOs sind häufig logistisch und touristisch ausgebildet. Das spiegelt sich z.B. in den klassischen Ausbildungsberufen als auch in den Studiengängen in der MICE-Branche wider. Und du kannst es beobachten, wenn du dir die langjährigen Mitarbeiter bei Veranstaltern, Locations oder Agenturen ansiehst. Wer hat dort eine didaktische, psychologische oder szenografische Ausbildung genossen? Die wenigsten. Ich übrigens auch nicht. Willst du zeitgemäße Events organisieren, brauchst du heute mehr als logistisches Wissen.

Dank Digitalisierung können Teilnehmer heutzutage ihre Hotelzimmer alleine buchen. Vereine und Verbände finden auch ohne PCOs oder DMOs Locations für ihren nächsten Kongress oder ihre Abendveranstaltungen. Wird der Einsatz einer biometrischen Einlasskontrolle zum Standard, braucht es immer weniger Einlasspersonal. Da sollten auch Hostessen-Agenturen hellhörig werden. Überlege also, was du tun kannst, um deine Teilnehmer vom Sofa herunter zu locken. Wissensvermittlung allein reicht längst nicht mehr. Das gibt’s schon zuhauf im Internet.

 

3. Neue Chancen für Kreative

Freiberufler aus der kreativen Szene werden immer gefragter. Wirklich? Ja, wirklich! Überlege einmal, wie viele Blogger es schon heute auf Konferenzen und Barcamps gibt. Sogar die großen Leitmessen, wie die Internationale Touristikbörse Berlin (ITB) hat das Potenzial von Bloggern erkannt. Der VDVO übrigens auch. Die neuen nicht mehr ganz so neuen Veranstaltungsformate wie Open Space oder World Café brauchen ganz andere Moderatoren als auf klassischen Tagungen. Graphic oder Video Recorder sind immer häufiger im Einsatz. Willst du künftig Teilnehmer begeistern, brauchst du entweder solche Freelancer oder du eignest dir das Wissen selbst an.

4. Kongresszeit ist Arbeitszeit

Vielleicht kennst du die Sprüche „Wer lacht, der arbeitet nicht.“ oder „Wer lacht, hat noch Kapazitäten“. Das war vielleicht früher einmal so. Auf dem Feld oder im Bergwerk. Doch heutzutage kann man exzellente Leistungen erbringen und dabei Spaß haben. Ich würde sogar sagen, es ist umgekehrt. Gerade weil man Spaß hat, ist die Arbeitsleistung deutlich höher. Doch diese Einstellung ist noch nicht überall angekommen. Auch nicht in der klassischen Kongresswelt. Und so müssen Kongresstage eben lang sein. Da muss man halt stundenlang einigen wenigen Rednern zuhören. Spaß haben? Nein! Das könnte man ja nicht als Fortbildung anerkennen lassen.

Apropos Anerkennung: Ich selbst habe schon erlebt, wie schwer es ist, innovative Kongressformate zu verkaufen. Da rufen dann Teilnehmer an und fragen, wie sie ihren Chef überzeugen können, wenn es eben keine vorher festgelegte Agenda in einem Open Space gibt. Und da Eventmanager auch finanzielle Ziele erreichen müssen, greifen sie lieber zum Altbekannten.

 

Doch wer sich ein wenig mehr mit Lernen beschäftigt, der weiß, dass wir nur lernen, wenn wir emotional berührt sind. Dazu empfehle ich dir die Vorträge von Gerald Hüther, der auch in diesem Buch zitiert wird. Einer davon: „Ohne Gefühl geht gar nichts“. Ich hatte das Glück, ihn 2012 live auf dem Entrepreneurship Summit zu erleben. Übrigens finde ich auch, dass er ein hervorragender Keynote-Speaker ist. Falls du mal einen auf diesem Themengebiet suchst… Außerdem lernen wir umso besser, je involvierter wir sind. Je mehr wir selbst sagen und tun dürfen.

 

5. Lernen braucht Zeit

Lernprozesse brauchen Zeit. Egal ob es sich dabei um einzelne Menschen oder um Gruppen handelt, wie wir sie in Unternehmen, Verbänden und Institutionen finden. Hast du auch schon einmal einem Vortrag zugehört, dem du aufgrund des Sprechtempos kaum folgen konntest? Wenn du solchen Vorträgen 8 Stunden am Stück zuhörst, bleibt dir kaum Zeit, das Neue zu reflektieren und zu speichern. Wir müssen Neues erst einmal setzen lassen. Wir wollen es mit anderen diskutieren; hinterfragen. Was passiert, wenn wir versuchen, alles auf einmal zu lernen, weiß jeder der schon einmal eine Nachtschicht zum Lernen eingelegt hat 😉 So geht es auch deinen Tagungsteilnehmern. Gib ihnen Zeit zum Reflektieren. Zeit zum Austausch mit anderen. Eine 15-minütige Kaffeepause reicht dafür übrigens nicht aus. Baue stattdessen doch einmal „Geh-Spräche“ in dein nächstes Programm ein. Du kannst die Zeit dafür bei den langatmigen Begrüßungsreden einsparen. Das kannst du nicht? Nun, 82 % aller Vorträge werden als „einschläfernd“ empfunden. Willst du deine Teilnehmer einschläfern oder begeistern? Eben!

 

6. Ankommen im Hier und Jetzt

Sind die Teilnehmer deiner Veranstaltungen wirklich dabei, also im Hier und Jetzt? Oder surfen sie nebenbei und erledigen die Dinge, die im Büro, in der Praxis oder Zuhause liegen geblieben sind? Womöglich noch während der gesamten Veranstaltung? Wer gedanklich nicht anwesend ist, wird noch weniger als die mageren 10% Wissenszuwachs der frontalen Vorträge mit nach Hause nehmen. Also bräuchten deine Veranstaltungen eine Art des gemeinsamen Sammelns. Eine Übung beispielsweise. Oder eine wirklich klare Ansage, jetzt alle Smartphones auszuschalten. Je besser die Teilnehmer in das Geschehen einbezogen werden, desto geringer ist ihr Wunsch abzuschweifen. Da unsere Aufmerksamkeitsspanne keinesfalls 90 Minuten erreicht, brauchen wir kurze Vorträge und viel Abwechslung durch die Vortragenden. Beispielsweise indem wir kurz eine konkrete Frage mit unserem Nachbarn diskutieren. Wir könnten auch eine wirkliche Übung machen, die mit Aufstehen verbunden ist. Oder du lässt deine Referenten maximal 20 Minuten sprechen. Du könntest auch Votingtools einsetzen. Wie heißt es doch so schön: „Kurz schlägt lang und Abwechslung erfreut.“

 

7. Interaktive Formate um jeden Preis?

Nur weil du als Eventmanager interaktive Formate wie Open Space, Fishbowl, Table Session oder World Café einsetzt, muss die Konferenz noch lange nicht gelungen sein. Ob eine Veranstaltung erfolgreich war, hängt vom Ziel dieser ab. Was soll hinterher anders sein? Weißt du wirklich, was das Ziel deiner Veranstaltung ist? Die finanziellen Ziele meiner Veranstaltungen kannte ich immer. Oft kannte ich auch deren Historie. Also, der Kongress oder der Informationstag XYZ hat schon soundso oft stattgefunden. Dann findet der im nächsten Jahr eben wieder statt. Doch setzt du dich hin und überlegst genau, was das Ziel ist? Sollen die Teilnehmer etwas Neues für ihren Arbeitsalltag lernen? Oder sollen gemeinsam neue Lösungen erarbeitet werden? Möglicherweise soll auch „nur“ für ein Thema sensibilisiert werden. Ein Mix aus verschiedenen Formaten – frontal wie interaktiv – ist sicherlich ein guter Mittelweg.

 

Noch viel mehr Anregungen für begeisternde Veranstaltungen, Tagungen und Konferenzen findest du im Buch „Der Kongress tanzt – Ein Plädoyer und Praxisbuch“.* Oder auch in den anderen Büchern meiner Bücherecke.

 

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